Wir halten es für wichtig, über eine Entscheidung des Spandauer Amtsgerichts zu informieren. Anfang des Jahres 2018 haben einige Mieter zum Zwecke ihres Protestes jeweils auf dem Balkon Transparente angebracht. Unkoordinierte Baumaßnahmen im Parkviertel Kladow haben dazu geführt. Daraufhin hat der Vermieter eine Rechtsanwältin beauftragt, die in sehr eigenartiger Form die Mieter eingeschüchtert hat, sodass diese ihre Transparente wieder abgenommen haben.
Unser Verein hat immer erklärt, dass es zu den Grundrechten und zur Demonstrationsfreiheit in einer Demokratie gehört, seinen Protest auch auf diese Weise auszudrücken zu können. Die Transparente hätten hängen bleiben können.
Ein Schwerpunkt der Proteste waren auch die zahlreichen Bäume, die gefällt werden mussten. Dabei handelt es sich um eine Anzahl von mehr als 600 Stück auf einem Areal, auf dem jetzt auch ein zweiter Eigentümer durch zusätzlich Baumaßnahmen die Umgebung belastet.
Anwohner hatten geklagt und wollten von dem Gericht wissen, ob ihr Protest durch die Gesetzeslage abgedeckt ist und Transparente wieder angebracht werden dürfen. Der Vermieter beantragte die Klage abzuweisen.
In den Entscheidungsgründen hat der Spandauer Amtsrichter unter anderem ausgeführt, dass schon das Amtsgericht Neukölln – unter Abwägung der rechtlichen Interessen zwischen Vermieter und Mieter – die Eigentumsrechte zwar zu berücksichtigen sind, aber andererseits die Meinungsäußerung schwerer wiegt. Daher hat der Vermieter das Aufhängen von Plakaten zu dulden. Die vom Vermieter eingebrachte Argumentation, dass in einer gepflegten Wohnanlage so etwas nicht geduldet werden kann, folgte das Gericht nicht. Zumal durch Baumaßnahmen die gepflegte Wohnanlage zurzeit nach außen hin nicht so zu erkennen ist, sondern eher eine unübersichtliche Großbaustelle mit wechselnden Standorten auf dem Areal vermutet werden kann.
Das Gericht führt wortwörtlich aus: „Dem Grundrecht der Meinungsfreiheit ist immanent, dass es auch anderweitige Meinungen gibt, die nicht mit dem Anliegen der Kläger konform gehen. Es ist deshalb auch nachvollziehbar, dass andere Mieter mit der gewählten Protestform nicht einverstanden sind. Daraus folgt aber nicht, dass die Kläger den Hausfrieden stören. Ihr Protest hält sich in dem rechtlich zulässigen Rahmen und kann deshalb nicht als eine rechtswidrige Störung angesehen werden.“
Als Fazit des vor Gericht entschiedenen Falls lässt sich anmerken, dass die Grundrechte der freien Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht elementarere Teile unserer Verfassung sind und auch von Vermietern nicht niedergerungen werden können.
Als Verein ziehen wir die Schlussfolgerung, dass je mehr die Mieter im Parkviertel Kladow oder anderswo von Vermietern drangsaliert werden, umso intensiver muss der Protest auf dem Fuße folgen können.
Jetzt sollte man den Protest erheben, damit es nicht noch schlimmer für die Mieter in unserer Stadt kommt.
Ein passendes Zitat von Gottlieb Duttweiler fügt sich an: „Zivilcourage ist der kostbare, seltene Stoff, der die Demokratie am Leben erhält.“